Freitag, 12. Februar 2010

Der Kalligraph im Schlaf?




In China sitzt ein Kalligraph.
Man meint, er wär in tiefem Schlaf.
Doch: nein! Er ist am Meditieren
um so den Pinselschwung zu spüren,

der ihm mit einem „Wisch!“ beschert
gar feinste Handschrift, unversehrt.
Da gibt’s zuvor kein Rumprobieren,
kein Vorschreiben. Auch kein Radieren!

Das Wort muss schon auf Anhieb sitzen
beim Pinsel-über-Seide-Flitzen.
Und darum sitzt der gute Mann
auch selbst und atmet - dann und wann.

Und grad als du schon denkst „Wie öd!“
hat er im Geiste wohl erspäht,
wie er die Schwünge führen muss,
denn – hast du nicht gesehn! - ist Schluss

mit qualvoll langem Türkensitz.
Es huscht übers Papier – potzblitz! -
der Pinsel und zieht Tuschespuren
zu makellosen Strichfiguren,

die stehen dann für „Langes Leben“,
für „Glück“ , „Gesundheit“ - sowas eben!
Was hier so scheinbar leicht passiert,
erweist sich, wenn man's ausprobiert

als große Kunst mit „Ganz viel Üben!“
So macht man das – im Osten drüben.




.china-gedicht/kunst-gedicht/asien-gedicht/schreib-gedicht: die amelie ´ 10
.kalligraphie: Detail einer Kopie von "Preface to the Poems Composed at the Orchid Pavilion" by Wang Xizhi, handscroll, ink on paper, Height 24.5cm, Palace Museum, Beijing, China, vor dem 13. Jahrhundert
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