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Sonntag, 22. November 2009
Anne und das Holzschaf
(ein Weihnachtsgedicht)
Anne ist heut aufgeregt,
schlechte Laune weggefegt,
denn es ist wieder so weit:
Heilig Abend macht sich breit!
Fest in Omas Arm gehakt
geht es auf den Weihnachtsmarkt.
Dass es winters so früh dunkelt
freut sie sonst nicht. Doch heut funkelt
was nur kann im Kerzenlicht!
Weihnachtsleuchten im Gesicht
wandern sie von Stand zu Stand
und bestaunen allerhand.
Anne freut sich ganz besonders
auf die Krippen von Herrn Gonders:
aufgestellt, kaum ist's Advent!
Und ein jeder, der sie kennt,
hat es sich zur Pflicht gemacht
alle Jahr zur Heilgen Nacht
eines von Herrn Gonders Schafen
einem ganz besonders braven
Kind unter den Baum zu legen.
Dies als Weihnachtsbrauch zu pflegen.
„Sind zwar nur aus Holz geschnitzt“
sagt Herr Gonders gern verschmitzt,
„doch manchmal, wenn sie da stehen,
glaub ich selbst, ich könnte sehen,
wie sie mit den Ohren schlenkern,
mäh-hend mit den andern stänkern,
dass beim alten Opa Gonders
die Verpflegung nicht besonders.
Meine Schafe, musst du wissen,
grasen nicht auf grünen Wiesen
und nicht auf der Tischlerbank.
Darum würden sie auch krank,
kaufte sie nicht ganz geschwind
jemand für ein braves Kind!
Denn ein jedes meiner Lämmchen
lebt vom Schein der Kerzenflämmchen
und von hellem Kinderlachen,
wie's nur Freude kann entfachen.“
„Weiß ich doch! Ich hab schon eins.
Und sein Name ist Karl-Heinz!“
unterbricht ihn Anne stolz.
„Ist denn so ein Schaf aus Holz“
mischt sich Oma leise ein,
„nicht ganz fürchterlich allein?
Das da drüben, bitte sehr,
sieht die ganze Zeit schon her.“
„Ach. Sie meinen Anneliese,
da, ganz hinten auf der Wiese?
Stimmt. Sie hat hierhergesehen
seit Sie beide bei mir stehen.
Anne hat's ihr angetan.
Das sieht wohl ein jedermann.“
„Na, was denkst du, meint Karl-Heinz,
stell'n wir heuer noch so eins
zu der Krippe unterm Baum?
Anne, der wird aber schau'n!“
meint nun Oma, „das wird fein:
keiner muss dann einsam sein!“
Anne hört schon nicht mehr hin,
muss sich angestrengt bemüh'n,
nicht zu blinzeln, sie könnt schwör'n
dass gerade war zu hör'n
leises Blöken von der Wiese.
Dort, aus Richtung Anneliese!
„Packen Sie sie gar nicht ein.
Ich trag sie im Fäustling heim“
flüstert Anne. Oma lacht.
Und Herr Gonders reicht ganz sacht
Anne nun das kleine Schaf.
Mahnt es noch: „sei mir bloß brav!“
Oma zahlt, dann geht’s nach Haus.
Fröhlich seh'n sie alle aus:
Oma, Anneliese, Anne
und Karl-Heinz unter der Tanne!
.weihnachtsgedicht/krippengedicht/weihnachtslammgedicht/adventmarktgedicht: die amelie ´ 09
.ölgemälde: "Miss Frances Warren", Joseph Wright of Derby, 1763
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